Das Energiebündel:
Heinz Karrer
2m-abstand.ch: Heinz Karrer kann auf eine exzeptionelle Karriere zurückblicken. Der ehemalige Wirtschaftsführer und Spitzenhandballer pickt für 2m-abstand.ch einige herausragende Momente heraus.
Bern: Dienstag, 10 Uhr
Sein Händedruck wäre bestimmt kräftig und fest – aber natürlich bleiben wir bei einer kontaktlosen Begrüssung. Heinz Karrer ist mittlerweile 61 und strahlt immer noch Jugendlichkeit aus. Er ist bis heute der Sportler geblieben, den er einst als Spitzenhandballer in den 1980er-Jahren verkörperte. Dem aktuellen economiesuisse-Präsidenten (noch bis Ende September 2020) sieht man seine Vitalität und Fitness von weitem an. Vor dem Corona-Virus hat er grossen Respekt aber keine Angst: «Ich bin weit davon entfernt, in Panik zu geraten – das entspricht nicht meinem Naturell.» Und trotzdem weiss auch Heinz Karrer, dass das Virus ein etwas Aussergewöhnliches und Herausforderndes ist. «So etwas gab es noch nie – Covid 19 hat in kürzester Zeit die ganze Welt auf den Kopf gestellt.»
Zürich: Donnerstag, 19.30 Uhr
Heinz Karrer war schon immer ein Mann der Taten. Ein Anpacker ist er heute noch. Allein bis zu 100 Referate hält er jährlich. Ein Thema, das ihm besonders am Herzen liegt, ist die Bildung. Und alles, was mit Menschen zu tun hat. «Das Schönste ist doch, wenn du mit einem Team von Gleichgesinnten etwas schaffst, das man anfänglich für unmöglich hielt. Dieses Gefühl ist unbeschreiblich.» Seine Erfahrungen weiterzugeben, liebt der Winterthurer – und es macht ihn stolz. So zum Beispiel in Referaten wie heute Abend in Zürich.
Olten: Dienstag 22.15 Uhr
Vielleicht war dies eines der prägendsten Erlebnisse Heinz Karrers überhaupt: Der Schweizer Meistertitel im Handball mit St. Otmar St. Gallen 1986. Karrer war damals schon ein bestandener Nationalspieler, nahm zwei Jahre vorher an den Olympischen Spielen in Los Angeles teil und stand 1982 im Meistercup-Final gegen Honved Budapest. «In der Winterpause lagen wir mit 10 Punkten Rückstand hinter Leader Amicitia Zürich zurück. Alle meinten, die Meisterschaft sei gelaufen», erinnert sich der Rückraumspieler des damaligen Meisterteams. Doch die Zürcher und die Handball-Schweiz hatte die Rechnung ohne die verschworene St. Otmar-Truppe mit Captain Heinz Karrer gemacht. «In der Rückrunde holten wir Punkt für Punkt auf und nach Abschluss der Meisterrunde lagen wir mit Amicitia gleichauf. Ein Entscheidungsspiel in Olten musste über den Schweizer Meistertitel entscheiden – wir gewannen mit 26:21 und machten das Unmögliche noch möglich», erzählt Karrer noch 34 Jahre später mit leuchtenden Augen.
Ich brach mein Studium ab, weil mir ein Geschäftsführer-Job offeriert wurde.
Bern: Montag, 9.00 Uhr
1985 studierte Heinz
Karrer an der HSG in St. Gallen Wirtschaft. Schon damals ging der
Winterthurer seinen eigenen Weg. «Ich brach mein Studium ab, weil mir
der Job als Geschäftsführer des Sportartikellieferanten-Verbands
offeriert wurde. Dieser Schritt war für mich riesig, hatte ich zu dieser
Zeit ja trotz abgeschlossener Lehre noch keine wirkliche Ahnung vom
Leben draussen im Berufsalltag.» Karrer wurde die Stelle vor allem
anvertraut, weil man ihn als Handball-Grösse kannte. Jetzt musste er
sich erst recht beweisen. «Ich arbeitete täglich 12 bis 13 Stunden und
fiel jeden Abend nur noch todmüde ins Bett», erinnert er sich. Doch
Heinz Karrer entwickelte sich rasch und wuchs über sich hinaus, obwohl
er über keinerlei Erfahrung verfügte. «Ich musste Messen organisieren,
Interessen gegenüber Abnehmern vertreten, Preisverhandlungen führen,
Verträge ausarbeiten und auf Debitoren-Forderungen der Produzenten und
Lieferanten vertreten. Und ich hatte Null Ahnung und musste mir mein
praktisches Wissen Tag für Tag und mit Hilfe meiner Mitarbeitenden
erarbeiten.» Dieser harte Einstieg ins Business prägte Heinz Karrer bis
heute stark.
Parque national Los Glaciares: ???
Nationalpark
Los Glaciares, Patagonien: Cerro Torre. Bereits 1959 sollen der
Südtiroler Toni Egger und der Italiener Cesare Maestri den Austieg
geschafft haben – die Erstbesteigung wurde jedoch stets angezweifelt.
Bis heute gilt der 3128 m hohe Gipfel an der argentinisch-chilenischen
Grenze als der unmögliche Berg. Faszination pur – so auch für den
passionierten Bergsteiger Heinz Karrer. «Ich träume schon seit 55 Jahren
davon nach Patagonien zu reisen. In die grosse Einsamkeit, die Welt der
unbezwingbaren Gipfel, der unberechenbaren Wetterverhältnisse.» Wann
das sein wird, lässt Heinz Karrer offen. Ende September nun endet sein
Engagement als Präsident von economiesuisse. «Ich lasse alles auf mich
zukommen und habe ja noch einige Verwaltungsrats- und
Stiftungsratsmandate, die ich betreue. Und ich investiere weiter in
Firmen, denn ich bin gerne unternehmerisch unterwegs. Ich setze mir
keine Deadline, wann ich zurückstecke oder aufhöre», so Karrer. Die
Voraussetzungen dafür hat er. Den inneren Motor ebenfalls. «Es macht mir
nichts aus, wenig zu schlafen oder auch mal 20 Stunden am Stück zu
arbeiten. Ich setze mir meine Ziele, die ich erreichen will – und dafür
gebe ich mein Bestes.»
Letzte Frage
Wie ist es eigentlich, immer im Mittelpunkt zu stehen?
«Ich suche nicht den Mittelpunkt, sondern die Verantwortung – das war schon im Handball so. Den Erfolg in einer Gruppe zu erreichen, liegt in meiner DNA. Es ist einfach, im Rampenlicht zu stehen, wenn man Erfolg hat. Aber man muss auch hinstehen, wenn man einen schlechten Tag erwischt. Ich habe immer versucht, Verantwortung zu übernehmen und vor Menschen und Mitarbeitende hinzustehen. So konnte ich auch immer relativ gut mit dem Rampenlicht umgehen und es stets relativieren – impositiven wie auch im negativen Sinn.»