Der Umdenker:
Erland Brügger
2m-abstand.ch: Rivella ist nicht einfach ein Schweizer KMU, sondern eine nationale Institution. CEO Erland Brügger räumt ein, dass er am Anfang das Ausmass der Corona-Krise unterschätzte. Für 2m-abstand.ch gewährt er einen Einblick in das Rivella-Universum, seine Arbeit und seine Gedanken, und wie wir uns in Zukunft aufstellen müssen.
China-Reise
«Letzten November weilte ich in China. Ich sah die offenen Märkte und die vielen Menschen auf engstem Raum. Damals hielt ich es noch für unmöglich, dass ein Virus die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzen und eine ganze Gesellschaft auf den Kopf stellen kann – schon gar nicht bei uns in Europa. Noch als ich Anfang Jahr zum ersten Mal vom Corona-Virus hörte, hätte ich unterschrieben, dass dies für uns keine grossen Auswirkungen haben wird. Irgendwann habe ich dann begriffen, dass ich falsch lag und dass wir alle umdenken müssen. Auf der anderen Seite bin ich überrascht, wie folgsam sich die Schweizer Bevölkerung an die vorgeschriebenen Massnahmen hält. Ich glaube, dass der Bundesrat in den vergangenen Wochen einen guten Job gemacht hat und wir uns auf einem guten Weg befinden.»
Rivella-Effekt
«Wir leisten einen Teil zur Grundversorgung und dürfen weiterhin die Läden mit unseren Produkten beliefern. Andererseits wird im Sommer kein einziges Festival und Sportfest stattfinden und die Gastronomie erlebt einen historischen Einbruch. Das tut mir unglaublich leid für all diese Betriebe. Aber auch wir sind davon betroffen. Für uns ist wichtig, dass wir unseren Betrieb aufrechterhalten können. Zwar gibt es auch bei uns Mitarbeitende – zum Beispiel aus dem Bereich Sport und Events – denen momentan die Hände gebunden sind, aber diese springen dann einfach bei anderen Abteilungen in die Lücke und helfen beispielsweise in der Logistik aus. Bei Rivella herrscht ein ganz besonderer Spirit: Viele Menschen stammen hier aus der Umgebung Rothrist und für sie ist es etwas Besonderes, bei uns zu arbeiten. Es gibt Mitarbeitende, die mir sagten, dass ihr erster Lohn nicht der effektive monetäre Betrag am Ende des Monats gewesen sei, sondern die Tatsache, dass sie überhaupt für unser Unternehmen arbeiten durften.»
Wesentliches
«Zurzeit geht es bei uns vor allem darum, die Produktion sicherzustellen. Da wir in unseren Geschäftsräumlichkeiten über genügend Platz verfügen, ist es kein Problem, die 2m-Abstand-Regel einzuhalten. Ich spüre, dass wir alle am selben Strang ziehen. Unsere oberste Priorität hat die Gesundheit der Mitarbeitenden, dass wir uns an alle Regeln halten und liefern können. Die Gedanken zur Strategie fürs nächste Jahr oder die Herbst-Wanderpromotion haben wir zurückgestellt. Spannend finde ich, dass wir just zum Beginn des Lockdowns unsere neue Werbekampagne mit dem Motto «Wo immer dein Durst daheim ist» lancierten. Ich wurde viel darauf angesprochen, wir hätten da sehr schnell reagiert, aber diese Botschaft war ein reiner Zufall – so etwas kreiert man nicht innerhalb von einer Woche… »
Veränderung
«Rivella ist Teil von verschiedenen Branchen und wir bekommen hautnah mit, wie schwierig es für viele Unternehmen zurzeit gerade ist. Wir sind vielleicht auch ein wenig Teil einer Klagemauer; es gibt zahlreiche Unternehmen, die vom Konkurs bedroht sind und wir versuchen hier und da zu helfen. Was auffällt: Die vorher heiss diskutierte Klimadebatte rückt völlig in den Hintergrund. Trotzdem werden wir nicht darum herumkommen, dieses Thema wieder aufzunehmen. Wir müssen uns überlegen, wie ernst es uns ist. Wie viel Mobilität brauchen wir? Wie sieht es mit unserem Ressourcen-Verbrauch aus? Könnten gewisse Sachen nicht auch anders funktionieren? Wenn die Corona-Krise etwas Gutes hat, dann, dass sie uns zum Nachdenken anstiftet.»
Letzte Frage
Was ist das derzeit Schwierigste in deinem Job?
«Wir arbeiten ja alle dezentral – ich aber schaue den Menschen normalerweise gerne in die Augen. Nichts gegen Zoom und Skype, aber eine Videokonferenz ist doch nicht halb so spannend, wie ein Live-Meeting. Ich freue mich jedenfalls wieder, wenn ich den Leuten gegenüberstehe – wenn nötig mit 2 Meter Abstand.»