2 Meter Abstand

Der Dramatiker:
Leander Strupler

Leander Strupler, Stadttheater Bern, 2m Abstand

2m-abstand.ch: Mit Boxen verdient man in der Schweiz (normalerweise) keinen roten Heller. Das weiss niemand besser als der Berner Box-Promoter Leander Strupler. Trotzdem gibt er ein Box-Magazin heraus und organisiert zwei gewichtige Box-Events. Wenn sie denn über die Bühne gehen könnten…

Jab (*1)
Boxen ist in der Schweiz eine Randsportart. Gerade mal 600 lizenzierte Boxerinnen und Boxer tummeln sich im Ring. Zum Vergleich: Eishockey spielen 27 0000, beim Fussball sind es gar 283 000. «Im Boxen gibt es keine Saison. Pro Jahr finden in der Schweiz nur zwei bis drei bedeutende Kämpfe statt», klärt Leander Strupler auf. Der Promoter und Organisator von zwei grossen Box-Events (Boxing Day, Boxen statt Theater), kennt die Hintergründe: «Es liegt an der Härte und Intensität dieses Sports. Mehr als vier bis fünf Kämpfe pro Jahr schafft ein Box-Profi nicht – meistens sind es sogar nur zwei oder drei.» Das hat auch mit den Verletzungen zu tun, die einem Boxer widerfahren. «Nach einem KO, zum Beispiel, darf der Athlet ein bis zwei Monate nicht mehr in den Ring. Vor allem die Schläge gegen den Kopf sind nicht ungefährlich» präzisiert Leander Strupler. Danach muss der Boxer wieder von Neuem starten, Grundlagen aufbauen, den Gegner studieren, den Kampf vorbereiten…

Gerade (*2)
Ein Boxer trainiert vor allem. (Fast) nichts ist härter als ein Boxtraining – davon können auch Fussballer oder Eishockeyspieler ein Lied singen, wenn sie während ihres Sommertrainings mal in den Boxkeller steigen. «Ein Boxer absolviert in seinem Leben zirka gleich viele Kämpfe wie ein Fussballer in einer halben Saison», zieht Leander Strupler einen Vergleich. Und ergänzt: «Ein verfehlter Schlag oder ein Hieb an die falsche Stelle kann eine Boxkarriere im Nu beenden.»

Leander Strupler auf 2m Abstand

Haken (*3)
Der Boxing Day im Berner Kursaal ist seit Jahren eine Institution. Leander Strupler organisiert ihn seit 2018. Vor einem Jahr startete der Promoter mit einer kreativen Idee: Boxen statt Theater im Berner Stadttheater. Die Erstausstrahlung 2019 war ein voller Erfolg – am 10. April dieses Jahres hätte die zweite Ausgabe im wahrsten Sinn des Wortes über die Bühne gehen sollen. Dann kam das Corona-Virus und verpasste den Organisatoren einen herben Schlag in die Magengrube. «Die Parallelen zwischen Theater und Boxen sind erstaunlich. Die Bühne, das Rampenlicht, das Unverfälschte, die verschiedenen Akte – und nicht zuletzt die Dramatik.» Eine Dramatik, die Box-Promoter Leander Strupler unfreiwillig zusetzte. «Der Event wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Zurzeit können wir einfach nichts planen. Ich bin schon froh, wenn wir den Boxing Day im Dezember durchführen können.»

Leander Strupler im leeren Stadtheater Bern auf 2m Abstand
Weder Boxen noch Theater im Berner Stadttheater

Uppercut (*4)
Boxen ist für Leander Strupler ein Lebensgefühl. Er, der eigentlich mit dem Fussball aufwuchs – den Boxsport entdeckte erst später, als er mit seinem Team im Box-Keller des kürzlich verstorbenen Bruno Arati trainierte. «Ich spürte diese Dynamik und Urkraft als ich im Ring stand. Boxen vereint Kraft und Athletik und verlangt einem alles ab – vor allem auch mentale Stärke.» Eines Tages entschloss sich der Berner das Boxruder selbst in die Hand zu nehmen. «Als Veranstalter bestimme ich, wann und in welchem Rahmen ein Event durchgeführt wird. Musik, Licht Show, Akteure – und natürlich auch die Finanzierung… » lacht Leander Strupler. Dass Boxen seine Leidenschaft ist, beweist er auch mit der Herausgabe seines Magazins «Boxen», das er Ende letzten Jahres lancierte. Geld verdient er damit natürlich nicht. Aber das ist Nebensache. Im Gegensatz zum Sport selbst – der ist natürlich Hauptsache. Besonders wenn sich das Corona-Virus endlich verzogen hat.

Leander Strupler, Swiss Pro Boxing
Der Herausgeber und sein Magazin.

(*1) Jab: Schneller, gerader Schlag aus kurzer Distanz
(*2) Gerade: In gerader Richtung nach vorn ausgeführter Stoss
(*3) Häufiger Schlag aus der Halbdistanz; der Arm wird aus der Deckung möglichst ansatzlos, mit einer leichten Oberkörperneigung zur Seite gehoben
(*4) Uppercut: Ein Aufwärtshaken mit dem Ziel, den Gegner am Kinn zu treffen

Letzte Frage

Welches persönliche Umdenken hat bei dir in Bezug auf das Corona-Virus stattgefunden?

«Ich habe mich in den letzten Wochen oft gefragt, ob man auch in Zukunft dreimal wöchentlich einen Event besuchen und für Ferien und Freizeit in der ganzen Weltgeschichte herumfliegen muss. Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit einer Wanderung an den wunderschönen Oeschinensee oder ein bisschen Strassenfussball mit meinem Neffen am Freitagabend…»