Der Hartnäckige: Benny Zurbrügg
2m-abstand.ch: Im Frühling wäre das 45. Berner Jazzfestival über die Bühne gegangen. Jetzt geht es halt im Herbst über die Bühne – nächsten Dienstag geht’s los. Mittendrin Festivaldirektor Benny Zurbrügg, der unbeirrbar an der Durchführung des Events festhält.
Benny, wie hast du die vergangenen Monate erlebt?
«Äusserst turbulent. Wir wollten mitten während des Lockdowns starten und dann kam das Fallbeil. Wir mussten ein zehnwöchiges Programm einfach komplett stoppen. Es war eine Vollbremsung von Hundert auf Null. Danach fing alles wieder von vorne an. Aber schon im Juni waren wir schon wieder bereit für Durchführung im Herbst.»
Wie haben deine Mitarbeitenden reagiert…?
«Am Anfang waren sie natürlich alle völlig konsterniert. Das Schlimmste war für sie, dass sie nicht arbeiten konnten. Und wir befinden uns ein halbes Jahr später teilweise noch immer nicht im Einsatz. Das ist belastend für viele.»
…und wie die Partner des Festivals?
«Äusserst verständnisvoll. Ich bin positiv überrascht, wie flexibel sich alle zeigten. Wir Festivalbetreiber, Agenturen und Musiker sitzen alle im gleichen Boot. Und sie haben sich glücklicherweise zu uns hineingesetzt.»
Das 45. Jazzfestival Bern findet vom 29.9. bis 5.12. im Marians Jazzroom und im Jazzzelt im Hotel Innere Enge statt: jazzfestivalbern.ch
Ihr habt euch relativ rasch dafür entschieden, das Festival auf den Herbst zu schieben, und es auch durchzuziehen...
«Das hat einen einfachen und triftigen Grund: Ich bin der Überzeugung, dass Kultur und damit auch unser Festival ein wesentliches Gut ist für die menschliche und geistige Gesundheit darstellt.»
Wie habt ihr es geschafft, innert so kurzer Zeit alles auf den Herbst zu schieben?
«Wir sind uns gewohnt, mit Unvorhergesehenem zu jonglieren. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit liegt in unserer DNA. Und wir stehen damit nicht alleine da. Die Durchführung des Festivals basiert auf einer engen Kooperation zwischen den Veranstaltern, den Agenturen und den Musikern. Alle wollten es und setzten alles daran, dass es klappt.»
Wieso habt ihr es nicht einfach auf 2021 geschoben?
«Ich persönlich glaube nicht, dass im Frühling 2021 alles anders sein wird als heute. Man kann so etwas nicht einfach immer verschieben und hoffen, dass es gut kommt. Den Aufschub auf den Frühling fand ich verantwortungslos. Eines ist für mich heute klar: Wenn sich die Situation in absehbarer Zeit nicht normalisiert, werden es zahlreiche kulturelle Institutionen nicht überleben.»
Mit welchen Auflagen können jetzt die ausländischen Musiker in die Schweiz einreisen?
«Wir sind daran, die letzten Details abzuklären; aber da die Musiker als arbeitende Menschen einreisen, sind sie nicht visumspflichtig. Klar ist, dass die meisten Musiker aus dem Ausland zehn Tage in die Quarantäne müssen. Ob sie bei ihrer Rückreise auch nochmals zehn Tage ausharren müssen, kommt auf das Herkunftsland an. Viele Musiker arbeiten als Lehrer; hier fragt sich, ob sie sich eine solch lange Zeit in der Quarantäne leisten können und wollen.»
Hast du dir ein Alternativ-Konzept durch den Kopf gehen lassen?
«Nein, weil wir uns auf unsere vom Festival unabhängige gesamtbetriebliche Infrastruktur stützen, kommt für uns keine andere Location in Frage.»
Hast du dir jemals überlegt, das Jazzfestival auch für andere Stile zu öffnen – wie beispielsweise das Jazzfestival Montreux dies seit Jahren tut?
«Grundsätzlich bin ich ein Mensch, der auf Diversität steht und auch andere Stile gut findet. Aber ich bin der Überzeugung, dass man ein Gesamtbild haben muss. Es ist wie ein Restaurant, das plötzlich verschiedenste Essenstile anbietet. Wir wollen unserer Linie treu bleiben – für uns ist unsere Identität sehr wichtig.»
Letzte Frage
Was macht das Jazzfestival Bern eigentlich aus?
«In erster Linie die Tatsache, dass wir stilistisch nichts verwässern lassen. Alle Sounds müssen erfahrbar sein, wir wollen nichts intellektuell Herangezüchtetes. Die Wurzeln unseres Sounds liegen im Blues und Jazz – diesem Stil bleiben wir treu. Ausserdem ist die Intimität des Clubs phänomenal – das ist für den Jazz ein äusserst wichtiger Faktor.»