Der Tonangebende:
Seven
2m-abstand.ch: Der Wahlluzerner Seven war schon von Musik umzingelt, als er noch gar nicht geboren war. Kein Wunder dreht sich in seinem Leben (fast) ALLES um Sounds. Der erfolgreiche Soulmusiker schwärmt von seiner Jugend, blickt auf seine Entwicklung zurück, reflektiert die Corona-Krise und erzählt von seiner zweiten grossen Liebe: Basketball.
Seine Wurzeln
«Meine Eltern sind beides Profimusiker- meine Mutter Pianistin, mein Vater Tenor und klassischer Sänger. Ich wurde also schon im Mutterleib mit Musik beschallt und hatte gar keine Chance, der Musik zu entkommen… »
Sein Kindheitstraum
«Ich mache Musik, seit ich denken kann. Sie ist und war schon immer meine grosse Faszination. Ich habe sie intensiv in all seinen Facetten konsumiert. Als Sänger, Tänzer, in Filmen, auf Bühnen. In mein Schulfreundenbuch schrieb ich, dass ich einmal Radioreporter werden wolle… »
Seine Anfänge
«Ich musste mich nie für die Musik entscheiden – es gab von Anfang an nichts anderes für mich. Ich habe schon mit 14 DJs vermittelt, und Parties organisiert, Bookings für Open Airs gemacht, Veranstaltungen auf die Beine gestellt und schliesslich mit 22 meine eigene Firma gegründet. Es ist also nicht nur das Musikerdasein, sondern auch das ganze Drumherum, das mich fasziniert. Und eines weiss ich heute schon: Ich werde niemals aufhören, Musik zu machen.»
Seine Entwicklung
«Wenn ich auf die letzten Jahre
zurückschaue, sehe ich vor allem eines: Ich bin ehrgeiziger geworden.
Und das Wichtigste überhaupt: Ich habe mich stets entwickelt. Ich
komponiere zum Beispiel nicht mehr im Gesamtkontext, sondern denke auch
in einzelnen Songs. Ich suche die Schönheit der Musik in der
Einfachheit. Schliesslich habe ich die deutsche Sprache in meine Musik
einfliessen lassen – das war ein Riesenschritt, der mit viel Risiko
verbunden und extrem herausfordernd war. Mittlerweile suche ich stets
nach Möglichkeiten, immer wieder zu mir selbst zu finden. Es ist eine
Reise zwischen der Musik, die man gerne hört und dem Sound, den man
gerne selbst praktiziert.»
Seine Nische
«Ich habe schon so viel
Verschiedenes gemacht, komme aber immer wieder zum Soul zurück. Ich
denke, das wird auch immer so bleiben. Nicht ich habe die Nische
gefunden, die Nische hat mich gefunden.»
Seine Ungeduld
«Ich glaube daran, dass man sich
von Album zu Album neu erfinden muss. Mir gelingt das relativ einfach,
weil ich extrem ungeduldig bin und mir etwas rasch mal langweilig
vorkommt. Ich hatte auch schon Diskussionen mit Labels, die verlangten,
ich solle doch nochmals so einen Song schreiben – das geht für mich
überhaupt nicht. Ich pushe mich immer wieder zu neuem Output, der mich
teilweise fast in den Wahnsinn treibt; aber ich brauche das. Zu dem
Zeitpunkt, in dem der Hunger aussetzt, fängst du dich an zu wiederholen.
Da sehe ich für mich als hyperaktives Energiebündel keine Gefahr. Ich
fühle mich immer noch wie ein 12-jähriger Bub auf dem Spielplatz.»
Sein Plan B
«Es gibt immer einen Plan B, aber ich
habe ihn noch nie gebraucht. Auch Menschen mit einem scheinbar sicheren
Job müssen einen Plan B haben. Ich denke aber, dass ich in der besseren
Position bin, meinen Plan B nicht anwenden zu müssen – ich bin
schliesslich schon über 20 Jahre selbständig. Wenn ich mich mit der
Marke Seven nicht mehr verwirklichen kann, suche ich mir etwas anderes.
Ich weiss nur eines: Es muss etwas mit Musik sein.»
Sein Musikgeschmack
«Ich habe den Vorteil,
verschiedene Stile zu kennen und zu lieben. Die klassische Musik lernte
ich durch meine Eltern kennen – ich verfüge auch über eine klassische
Ausbildung und habe 10 Jahre Geige gespielt. Ausserdem praktizierte ich
zehn Jahre Schlagzeug und Backing Vocals in der Heavy-Metal-Band Faked
ID – für die Erfahrung bin ich extrem dankbar. Ich erlebte die ganze
Vermischung der Stile, den Crossover von Metal, Rock und Rap. Ich liebe
viele Stile: Die besten Songs kommen aus dem Rock- und Country-Bereich,
die grösste Energie steckt im Metal, die grösste Aussagekraft im Rap und
am meisten Sex steckt im Soul.»
Sein Reset
«Es ist schon interessant. Immer wenn
die Kacke am Dampfen ist, merkst du, auf wen du zählen kannst – und auf
wen nicht. In einer Krise zeigen die Menschen ihr wahres Gesicht. Das
Corona-Virus hat bei mir einen für mich typischen Aktivismus ausgelöst.
Ich habe zahlreiche Projekte aus dem Boden gestampft, mein Homestudio
komplett ausgebaut und natürlich sehr viel Musik gemacht. Und: Ich
verbrachte noch nie so viel Zeit mit meinen Kids wie in den vergangenen
Monaten – gleichzeitig habe ich versucht, sie vor den zahlreichen
Junk-Nachrichten ein bisschen zu beschützen.»
Seine Organisation
Die Krise hat gezeigt, wie
wichtig es ist, dass man auf niemanden angewiesen ist. Ich bin nicht nur
schlank organisiert, sondern stehe in jeder Hinsicht auf eigenen Beinen
und produziere alles inhouse: Studio, Label, Verlag. Was mir am meisten
Sorgen macht sind alle die Menschen, die von dieser Branche leben; das
Veranstaltungs- und Musikbusiness ist leider in unserem Land noch immer
massiv verkannt und deren Bedeutung wird vielerorts unterschätzt.»
Sein Alter
«Als Musiker bist du nur spannend,
wenn du echt und ehrlich zu dir selbst bist. Schau mal all diese über
80-jährigen Blueser. Denen folgt ihr Publikum bis heute. Ich hoffe, das
wird bei mir auch so sein. Dann spielt das Alter auch keine Rolle.»
Letzte Frage
Woher kommt deine Liebe für Basketball?
«Es war 1989. Ich war 11 Jahre alt und sah Michael Jordan: Seine Kaltschnäuzigkeit, seine Kompromisslosigkeit, seine Grazie und sein Style. Das hat mich magisch angezogen. Und es hat mir gezeigt, dass man nur als Team gewinnen kann. Basketball bewegt sich sehr nahe am Tanz und pflegt die Hip-Hop-Kultur – ich war in beidem mittendrin. Die ganze Basketball-Kultur fasziniert mich bis heute; die wichtigsten Spiele schaue ich mir stets live mit meinem Sohn an.»