Der Home Boy:
Roman Josi
2m-abstand.ch: Für Roman Josi endete mit der Ankunft des Corona-Virus nicht nur die NHL Saison sondern vor allem auch der Traum, endlich den begehrten Stanley Cup zu gewinnen. Doch für den Berner der Nashville Predators gibt es jetzt weitaus Wichtigeres als eine Sporttrophäe zu gewinnen. Eine Bestandesaufnahme in seinem 7453 km von seiner Heimat entfernten Wohnort.
Stunde Null
Das Corona-Virus kam unangekündigt und schlug ohne Vorwarnung ein. «Wir befanden uns in Toronto im Hotel. Am Abend stand eigentlich das Spiel gegen die Maple Leafs auf dem Programm – doch plötzlich gab gleichentags die NBA bekannt, dass der erste Spieler infiziert war und der Betrieb per sofort eingestellt werde», erinnert sich der Verteidiger an den Tag X. Das Spiel in Toronto wurde abgesagt. Am nächsten Tag wurde der gesamte Spielbetrieb unterbrochen. Bis heute.
Gespensterstadt
Seit gut einem Monat haben sich Roman Josi und seine Frau Ellie nun in ihrem Haus in Nashville zurückgezogen. «Wir haben es uns hier prima eingerichtet und gehen nur noch fürs Einkaufen und mit den beiden Hunden Bella und Kingsley raus. Downtown ist menschenleer, obwohl Nashville aktuell nicht von der grossen Virus-Welle erfasst wurde.»
Heimatgefühle
Roman Josi ist einer, der sehr mit seiner Heimat verbunden ist. Er liebt Bern, die meisten Freunde leben dort, ein Grossteil der Familie ebenfalls. Vor allem zu seiner über 90-jährigen Grossmutter, um die er sich aktuell fast am meisten Sorgen macht. «Sie ist zwar fit, aber natürlich ist sie auf Grund ihres Alters automatisch ein Risikopatient.» Doch eine Rückkehr in die Schweiz war für Josi nie ein Thema. «Schon allein wegen den Hunden käme das nicht in Frage: Zudem fühlen wir uns hier sicher und gut aufgehoben.»
Home Fitness
Normalerweise fährt der Captain der Preds täglich in die 20 km entfernte Trainingshalle bzw. in die Bridgestone Arena. Jetzt vermisst Josi nicht nur die Trainingseinheiten und das Eis sondern vor allem auch seine Kollegen. «Wenn man sich währenden Monaten täglich sieht und dann plötzlich voneinander abgeschnitten ist, ist das schon ungewöhnlich.» Für den Trainingsbetrieb hat sich der Berner mittlerweile ein eigenes Gym eingerichtet. «Ich muss mich vor allem im Kopf komplett umstellen. Keine Reisen und keine Spiele mehr. Ich wünsche mir nichts mehr, als zurück in die Normalität abzutauchen. Aber ich weiss auch, wie unrealistisch das zurzeit ist.»
Besinnlichkeit
Bei aller Zurückgezogenheit, langweilig wird es den Josis nicht so schnell. Einerseits halten sie Bella und Kingsley auf Trab. Andererseits hat der Preds-Verteidiger endlich auch mal Zeit für Brainwork. «Ich habe angefangen, Bücher zu lesen. Und ich meditiere täglich.» Etwas, das der bald 30-Jährige schon länger praktiziert. Um vom ganzen Eishockeyzirkus runterzufahren.
Foodbank
Roman Josi ist ein Mensch, der sich engagiert. Zum Beispiel tritt er schon seit Jahren als Pate der Behindertenorganisation Best Buddies in Aktion oder engagiert sich beispielsweise auch für eine Obdachlosenorganisation. In Zeiten der Corona-Krise spendete er für die lokale Food-Organisation. «Foodbank ist ein wichtiger Bestandteil der Nashville-Community und stellt Bedürftigen kostenlose, gesunde Lebensmittel zur Verfügung.»
Wahre Helden
Auch in den USA sind alle Menschen, die sich für die Gesundheit anderer einsetzen die wahren Helden und werden dementsprechend abgefeiert – auch von Roman Josi. «Es ist unfassbar, was diese Leute leisten. Sie gehen jeden Tag raus, gefährden ihre eigene Gesundheit, nur um all den kranken Leuten zu helfen. Da kann ich nur den Hut ziehen.»
Ruhe, bitte
Roman Josi geht es so wie vielen andere Menschen zurzeit. Sie finden zurück zu den Grundsätzen wie Gesundheit, Natur und Einfachheit. «Die Welt war ganz klar zu rasant unterwegs, viele waren immer gestresst – jetzt haben wir alle die Chance, ein bisschen zur Ruhe zu kommen. Das ist wohltuend, ich habe das nicht zuletzt an mir selbst gemerkt.»
Letzte Frage
Hat bei dir wegen der Corona-Krise bereits ein Umdenken stattgefunden?
«Nicht direkt, aber es wird einem bewusst, dass die Gesundheit unser wichtigstes Gut ist und dass wir das mehr würdigen sollten. Man lernt, die einfachen Dinge zu schätzen. Die prächtige Morgenstimmung, der Morgenspaziergang, die wunderbare Natur. Ich denke, dass das nicht nur mir so geht.»