2 Meter Abstand

Der Stoffwechsler:
Bruno Heller

2m Abstand, Bruno Heller, Ciolina

Eines ist sich Bruno Heller sicher: Das Leben danach wird nicht mehr so sein wie einst. Der Besitzer und Geschäftsführer des Berner Traditions-Modehauses Ciolina stellt sich schon mal auf das Leben B ein.

Unterschätzt
Am Anfang dachte Bruno Heller: So ein Affentheater und verharmloste die ersten Meldungen. Bis er – wie alle anderen auch – merkte, was für ein Ausmass der Corona-Tsunami hat. Und welche Auswirkungen er nach sich zieht.

Geschlossen
Ciolina ist eine gesunde Firma. Bruno Heller führt sie in der fünften Generation. Da können auch mal ein paar schwächere Monate kommen. Besonders bitter aber: Bis Ende Februar lief alles sensationell: Das Frühlingssortiment war parat, die Mitarbeitenden hochmotiviert, die Kunden kauffreudig… Und dann dies.

(Un-)geplant
Die grösste Herausforderung für Heller und seine Crew ist das Zeitmanagement. Niemand weiss, wann es wieder losgeht. Eine detaillierte Strategie ist unmöglich. Das Personal kann nicht eingeteilt, die Ware nicht eingeplant werden. Die Ungewissheit ist das Schlimmste.

Reflektiert
Nach dem Lockdown verschickten Heller und seine Crew ihren Kunden einen Brief, in dem sie sich für ihre Treue bedankten. Eine Aktion, die extrem positive Rückmeldungen und auch Spontan-Bestellungen brachten. Heller weiss, dass seine Marke in Bern gut verankert ist. Er ist überzeugt, dass viele Bernerinnen und Berner künftig vermehrt lokal einkaufen werden.

Verärgert
Eines ist klar: Eine Firma wie Adidas muss bei Bruno Heller nie mehr anklopfen und seine Ware verkaufen wollen. Der Unternehmer regt sich extrem über die Geschäftsgebahren von einigen Kleiderherstellern auf; weil der deutsche Konzern und übrigens auch der schwedische Multi H&M erst gerade verkündeten, die teuren Mieten in ihren Filialen nicht mehr zu bezahlen – notabene, nachdem man während Jahren Rekordgewinne schrieb. Er hofft, dass sich die Kunden eine solche Haltung nicht bieten lassen.

Ausgebremst
Bruno Heller ist sich sicher, dass es die bisherige Hi-Speed-Welt nach der Beendigung der Corona-Krise nicht mehr geben wird. Er, der alleine in diesem Jahr schon mehrmals geschäftlich in Mailand, Paris, München und Düsseldorf war, prophezeit, dass sich dieses Herum-Jetten von selber erledigen wird. Hellers Agenda für die nächsten paar Wochen ist leer – und der Unternehmer hat sich bereits ein bisschen daran gewöhnt.

Neueröffnet
Die Überproduktion wird abnehmen, es werden wohl kleinere Mengen produziert. Und die Welt wird demütiger. Bruno Heller freut sich auf den Moment, an dem er seinen Prachtsladen in der Berner Altstadt voller Stolz und in aller Glorie seinen Kunden wieder präsentieren kann. Und dem ersten Stammkunden die Hand schütteln darf.

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Letzte Frage

Wird die Modebranche jetzt total umgekrempelt?

«Nein, aber vielleicht werden in Zukunft wieder nur noch zwei statt vier oder gar fünf Kollektionen pro Jahr entworfen. Das würde ich persönlich begrüssen.»