Der Unverblümte:
Marc Lüthi
2m-abstand.ch: Marc Lüthi ist einer der schillerndsten und erfolgreichsten Sportmanager der Schweiz – auch bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Der SCB CEO vervollständigt für 2m-abstand.ch die von uns vorgegeben Sätze.
Das Corona-Virus bedeutet für mich …
«… dass wir uns im Reagier- statt Agier-Modus befinden und wir viele Freiheiten aufgeben mussten, damit die Volksgesundheit aufrecht erhalten bleibt.»
Die beiden Geisterspiele am Schluss der regulären Meisterschaft ….
«… waren für mich der reinste Horror und einfach unsäglich. Klar, wir erlebten eine schwierige Zeit, aber wir hätten uns gerne rehabilitiert, die Saison trotz allem fertiggespielen und uns ehrenvoll verabschieden wollen.»
In den ersten zwei bis drei Wochen nach dem Lockdown …
«… bauten wir immer wieder neue Szenarien. Mittlerweile warten wir einfach ab, bis wir eine Entscheidung haben. Wir können nicht jede Woche das Budget anpassen, sonst werden wir unglaubwürdig.»
Der Rechnungsversand für die Saisonabos der kommenden Saison …
«… hängt davon ab, wann und was der Bundesrat entscheidet. Wir hoffen, dass wir spätestens am 1. November mit Publikum in die neue Saison starten können. Falls nicht, dann wird es extrem eng. Der Grossteil der Fans wird nicht bereit sein, so viel Geld für ein Abo auf den Tisch zu legen, wenn er nicht weiss, wie und wann es losgeht.»
Dass wir mit dem Sport und der Gastronomie gleich doppelt betroffen sind …
«… macht mich hässig, ist aber leider nun mal so. Wir haben für alle Kurzarbeit eingegeben. Schlimm finde ich, dass wir während Jahrzehnten ein erfolgreiches Geschäftsmodell auf die Beine gestellt haben und es uns jetzt gleich doppelt trifft.»
Unser Notfallplan sieht vor, dass …
«… wir hoffen, dass der Sport für die Entscheidungsträger wichtig genug ist, dass man ihn auch in einem solchen Fall unterstützt. Ansonsten gehen 80 Prozent der Vereine Pleite.»
Unsere Sponsoren und Partner …
«…haben mit sehr
viel Solidarität und Verständnis reagiert. Wir führen aber zurzeit keine
Gespräche, weil wir keine Klarheit haben, wie es weitergeht. Es gibt
keine Planungssicherheit.»
Als wir 1998 kurz vor dem Konkurs standen …
«…
war dies eine komplett andere Situation. Damals hatten wir es selbst in
der Hand, den Verein zu retten. Heute können wir rein nichts
entscheiden. Und im Gegensatz zu damals müssen wir heute keine
Managementfehler korrigieren.»
Die Fans haben bisher …
«… ruhig und mit
positiven Feedbacks reagiert. Sie machen uns Mut und denken, dass wir
unsere Sache sehr gut machen. Sie wissen aber auch, dass wir ein paar
Dinge gutzumachen haben… »
Das Sommertraining mit der Mannschaft …
«… findet
zurzeit nicht im gewohnten Rahmen statt. Das heisst, die Spieler halten
sich individuell fit. Aber Eishockey ist natürlich ein Mannschaftssport
und lebt von der Gruppe. Keine Ahnung, wann das Team wieder gemeinsam
trainieren kann.»
Die Corona-Krise wird die Sportwelt …
«… so
richtig durchschütteln. Es wird eine gewisse Zeit vergehen, bis wieder
Normalität einkehrt. Man darf nicht vergessen, dass der Sport für viele
ein Ventil ist. Wo sonst kann man die Emotionen so richtig voll
ausleben?»
Alternative Business-Ideen …
«… existieren bei
uns nicht. Wenn es sie gäbe, hätten wir sie schon früher lanciert. Wir
müssen ganz sicher die langfristigen Lehren aus einer solchen Situation
ziehen und hoffen, dass das Ganze so schnell wie möglich vorbeigeht.»
Letzte Frage
Wie fühlt sich 2m Abstand für dich persönlich an?
«Kein Problem, ich bin ja nicht der Typ, der überall übermässige Nähe sucht. Und wenn wir jetzt halt für einen Moment keine Hände schütteln, ist das überhaupt kein Thema für mich. Andererseits habe ich diese Einschränkungen langsam aber sicher satt. Ich wünschte mir beispielsweise, wieder mal in einer schönen Beiz essen zu gehen.»