Der Verbindende:
Jan Steiner
2m-abstand.ch: Er war 12, als er die Magie des Engadins erstmals einatmete. Heute ist Jan Steiner als Brand Manager Engadin Tourismus das Gesicht der Marke, die er auch verantwortet. Für 2m-abstand.ch erzählt der Wahlengadiner wie er seine neue Heimat lieben lernte und wohin die Reise der Destination Engadin und St. Moritz gehen soll.
Jan, wo bist du aufgewachsen?
In Bassersdorf ZH; hier blieb ich aber nicht lange – ich wurde rasch einmal flügge, arbeitete als Hüttenbub auf dem Lötschenpass im Wallis und zog mit 20 ins Engadin.
Welches sind deine ersten Ferienerinnerungen?
Ich war 1990 als 12-Jähriger mit einem Nachbarn für eine Woche im Engadin in den Ferien – wir unternahmen eine Wochenwanderung und liefen rund um den Piz Bernina. Das war mein erster Kontakt mit dem Engadin – es war ein bleibender…
Und welches war dein Schlüsselerlebnis in diesen Ferien
Die Gletscherwanderung – von da an wusste ich, was aus mir werden sollte. Ich entdeckte den Bergsport. Später verbrachte ich jedes Wochenende in den Bergen und lotete dabei meine Grenzen aus. Die Challenge war, immer an die Grenze zu gehen – manchmal auch drüber hinaus.
Ich arbeitete morgens in der Skischule, nachmittags und abends als Tellerwäscher.
Und wie kamst du schliesslich ins Engadin?
Ich
absolvierte eine KV-Lehre und pendelte im dritten Lehrjahr regelmässig
ins Engadin, meiner grossen Jugendliebe wegen. Mit 20 zog ich nach
Pontresina und mietete ein kleines Zimmer in einem Bauernhof in
Pontresina. Ich arbeitete morgens in der Skischule, nachmittags und
abends als Tellerwäscher. Später absolvierte ich ein Praktikum beim
Kurverein St. Moritz und arbeitete als Gästeberater. Mit 29 übernahm ich
die Leitung der Skischule Sils Maria – ohne Führungserfahrung (lacht…).
Aber ich konnte mir nie vorstellen, bis 65 als Skilehrer zu arbeiten.
Dann wurdest du mit knapp 30 Jahren Tourismusdirektor von Pontresina.
Das
war eine einmalige Chance – ich konnte extrem viel bewirken: Von
Konzeption und Umsetzung von Erlebniswegen, wie der Steinbockpromenade,
über die Bernina-Gletscher-Inszenierung bis zur Umorganisation des
Kongressbereichs. Und jetzt bin ich dort, wo ich mir schon als Kind
erträumte, hinzugelangen.
Was würdest du im Nachherein verändern, wenn überhaupt?
Nichts.
Ich kam immer wieder an eine Weiche und musste mich nur für links oder
rechts entscheiden. Ich bin dankbar, glücklich und zufrieden mit meinem
Weg – alles hat gepasst.
Uns allen ist bewusst, dass die Natur unser grösstes Kapital ist und wie wir sie nutzen und schützen können.
Was unterscheidet das Engadin von den anderen Destinationen?
Schau
dich um… Dieses Licht, die Berggipfel, das Wasser der Bäche und Seen –
schlicht einzigartig. Uns allen ist bewusst, dass die Natur unser
grösstes Kapital ist und wie wir sie nutzen und schützen können. Unser
USP ist aber die Weite des Tals.
Wie ordnest du euer Stammpublikum ein?
Grundsätzlich
unterscheiden wir zwischen den Marken Engadin und St. Moritz. Mit
beiden Brands streben wir verschiedene Zielgruppen an. Mit dem Brand
Engadin konzentrieren wir uns auf die Märkte Schweiz, Deutschland und
Skandinavien. Der Brand St. Moritz bearbeitet die internationalen
Märkte. Herr und Frau Schweizer finden St. Moritz tendenziell zu
abgehoben und buchen lieber ein schönes Viersternehotel ausserhalb – die
Italienerinnen und Italiener schwärmen von St. Moritz und buchen dann
eine Ferienwohnung in Celerina. Aber: Beide Marken ergänzen sich perfekt
– Engadin und St. Moritz sind wie Ying und Yang. Es gibt beispielsweise
ein Dreisternhotel am teuersten Hang von St. Moritz, das sich nichts
macht aus Glamour. Im Gegenzug haben wir x Perlen im ganzen Tal, welche
sich bestens der Marke St. Moritz zuordnen. Es gibt aber auch Orte wie
de Statzersee oder Muottas Muragl, die für beide Marken funktionieren.
Wie schwierig ist es, neue Zielgruppen zu erreichen und zu begeistern?
Wir
reden vielfach nicht von Zielgruppen sondern vielmehr von Lebensstilen.
Klar ist, wir wollen mit der Marke Engadin, sportlicher, jünger und
weiblicher werden.
Wie ordnest du den Brand Engadin aktuell ein?
Er
ist für uns ein Segen. Es ist ein Geschenk, dass wir ein solches Produkt
vermarkten dürfen. Aber wir stehen natürlich nicht still und entwickeln
und weiter.
Welche neuen Ideen habt ihr denn im Köcher?
Wir
werden 2025 die Freestyle-WM durchführen. Das wird ein zentraler Event
für unsere Kommunikation. Das heisst, wir müssen in der verbleibenden
Zeit bis zur Eröffnung alles unternehmen, eine bestmögliche
Infrastruktur aufzubauen. Es geht um ein nachhaltiges Produkt und um
Glaubwürdigkeit. Das Skigebiet am Piz Corvatsch positionieren wir zum
Freestyle-Berg, wir verfügen über ein grossartiges Kite- und Surfangebot
im Sommer; was uns noch fehlt ist eine Freestyle-Halle. Das ist
zentrales Anliegen – vor allem auch im Hinblick auf unser
Schlechtwetterangebot.
Wie steht es aktuell um den Tourismus im Sommer 2021?
Die
Ferienwohnungen und die Campingplätze sind sehr gut besetzt, die Hotels
gut bis sehr gut. In St. Moritz, wo der Anteil ausländischer Gäste
traditionell sehr hoch ist, läuft es ebenfalls besser als letztes Jahr.
Doch wir machen uns jetzt schon Gedanken, was mit der Destination im
2022 passiert.
Nochmals zu deiner Person: Du giltst als begnadeter
Networker, strebst Koordination an und verbündest dich mit anderen
Organisationen. Was überzeugt dich an dieser Strategie?
Die
Vernetzung ist aus meiner Sicht das A und O im Tourismus. Wir sind zu
einem grossen Teil von Koordinationen abhängig. Meine Aufgabe ist es, zu
überzeugen und zu motivieren. Unsere Kooperationen mit nationalen
Brands zeigen, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen.
Womit schaltest du am liebsten ab?
Das Engadin
ist eine Sport- und Kulturdestination: Ich liebe es, in die Wälder
abzutauchen. Ich tanke Kraft auf den Bergpfaden oder beim Firnskating
auf den gefrorenen Seen. Über mangelnde Vielfalt kann ich mich nicht
beklagen.
Letzte Frage
Du hast einen Wunsch frei…
Ganz einfach: Ich möchte, dass wir das Wir-Gefühl im ganzen Tal noch stärken können.