2 Meter Abstand

Die Versorgerin:
Eva-Maria Franz

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Bereits im Januar dieses Jahres las Eva-Maria Franz die Nachricht von einem Arzt in China, welcher ein vermehrtes Aufkommen einer Lungenentzündung bei Patienten bemerkte und Handlungsbedarf sah – jedoch auf Befehl mundtot gemacht wurde: Sie beschloss, ihr Pandemie-Konzept für ihre Gurten-Apotheke mit dem Team zu besprechen. Ein Rückblick und eine Zeitreise mit der Unternehmerin, die zurzeit praktisch rund um die Uhr im Einsatz steht.

Januar 2020
Für Eva-Maria Franz war rasch einmal klar, dass sie die Informationen betreffend der Viruserkrankung gut mitverfolgt und nicht aus den Augen lässt, denn das Virus war neuartig und die Menschen nicht immun dagegen.

Februar 2020
Ihr hauseigenes Pandemiekonzept besprach sie frühzeitig mit ihrem Team. «Ich recherchierte und suchte so viele Informationen wie möglich zusammen und informierte mein Team, damit wir von Anfang an à jour sind.» Am selben Tag, wie das BAG die «besondere Lage» und eine Ausnahmezulassung für die Produktion von Desinfektionsmittel auf alkoholischer Basis in Apotheken ausruft um Engpässen in der Versorgung der Bevölkerung entgegenzuwirken, begannen Eva-Maria Franz und ihr Team mit der Produktion. «Die Herstellung ist zwar einfach, das Abfüllen und Etikettieren basiert jedoch auf Handarbeit – jedes Gebinde wird einzeln abgefüllt», erklärt die Apothekerin das Vorgehen. Mittlerweile produziert die Gurten Apotheke wöchentlich 30 bis 40 Liter Desinfektionsmittel.

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Anfang März 2020
Noch lange vor dem Lockdown baute das fleissige Apothekenteam den ganzen Laden so um, dass sie den geforderten 2-Meter-Abstand überall einhalten konnten. Die maximale Anzahl an Kunden wurde begrenzt auf zwei, später auf eine Person. Danach wurden Schutzgläser eingebaut und die Apotheke in Kompartimente aufgeteilt, damit sich die Mitarbeitenden nicht zu nahe kommen. «Wir haben unser Konzept jede Woche den neusten Anforderungen angepasst. Das sind wir unseren Mitarbeiterinnen sowie Kundinnen und Kunden einfach schuldig», ist Eva-Maria Franz überzeugt

Mitte März 2020
Der Lockdown. Die Apotheken-Teams sind jetzt besonders gefordert. Die Unsicherheit in der Bevölkerung wächst. Die Tage dauern gerne mal 12 bis 14 Stunden. «Ich verzichte schon lange darauf, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit zu fahren – meistens nehme ich das Velo.» Das Wichtigste für Eva-Maria Franz und ihr 9-köpfiges Team ist, dass alle gesund bleiben und so der Betrieb der Gurten-Apotheke und somit die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten gesichert ist. Da ist Vorsicht das oberste Gebot. «Im Geschäft wird stetig alles desinfiziert; Telefon, Tastatur, Kreditkartenterminals, Tische usw.» Trotz Stresssituation und enorm hoher Arbeitsbelastung schweisst die Situation das Team zusammen. «Wir haben uns ein Schoggilager aufgebaut. Alle können sich zudem auch kostenlos mit Produkten eindecken, die für die Stärkung des eigenen Körpers behilflich sind.» Wichtig auch: Bei aller Ernsthaftigkeit den Humor niemals verlieren.

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Ende März 2020
Mittlerweile hat die Arbeitsbelastung nochmals zugenommen. Die Apothekerin erklärt ihren Mitarbeitenden, dass sie sich immer ausklinken können, wenn ihnen die Decke auf den Kopf fällt oder die Belastung zu gross wird. «Wir müssen mit Viren und Bakterien leben. Klar, der Corona-Virus ist neuartig, schnell übertragbar, er muss zuerst erforscht werden – Vieles ist noch unklar und deshalb sind viele Menschen verunsichert. Unsere Aufgabe ist auch, die Menschen aufzuklären, sie mit Informationen zu versehen, zu beruhigen wo Ängste sind und für sie da zu sein.» Was Eva-Maria Franz nicht direkt ausspricht: Sie und ihre Mitarbeitenden fungieren wohl öfter mal als Psychologen. Und trotzdem: Die Stimmung im Geschäft ist überwiegend ausgezeichnet. «Wir lachen auch mal zusammen, die Kunden zeigen sich meist geduldig und verständnisvoll und bedanken sich immer wieder für unsere Efforts – das tut enorm gut.»

Anfang April 2020
Eva-Maria Franz zieht sich einen halben Tag zurück um sich den Büroarbeiten zu widmen. Es ist der Tag, an dem wir das Interview führen. «Müde sind alle – deshalb müssen wir uns sehr gut Sorge tragen.»

Letzte Frage

Welche Chancen ergeben sich durch eine solche Situation?

«Ich hoffe, dass die Gesellschaft und der Lebensrhythmus der Menschen ein bisschen ruhiger wird. Dass wir nicht mehr alle unaufhörlich in der Welt herumgondeln und -fliegen und die Bewusstheit steigt, dass wir nicht alles unter Kontrolle haben. Zudem hoffe ich, dass wir unsere Wahrnehmung für kleine Dinge wieder schärfen und schätzen und dass wir füreinander da sind.»